Für Epileptiker, die unter einer besonders schweren Form ihrer Krankheit leiden, ist eine Hirn-OP häufig eine der letzten Therapiemöglichkeiten. Doch wer ans Gehirn will, muss im Normalfall leider durch die Schädeldecke. Bei dieser Operation wird ein tiefes Loch in den Kopf gebohrt und ein kleines Areal am Gehirn entfernt, an dem die Anfälle ihren Ursprung nehmen. Ein gefährlicher Eingriff, dem eine lange Periode der Regeneration folgt.
Wissenschaftler der Vanderbilt Universität in Nashville entwickelten nun ein Robotersystem, mit dem dieser riskante neurochirurgische Eingriff durch die Wange vorgenommen werden kann. Im Vergleich zu der ursprünglichen Methode eine nahezu sanfte Technik ganz ohne Aufbohren des Schädels.
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Bei dem Operationsgerät handelt es sich um eine 1,14 Millimeter dicke Titannadel, die mit Hilfe konzentrischer Röhren Millimeter um Millimeter ihren Weg ins Gehirn findet ohne umliegendes Gewebe zu verletzen. Ein weiterer Vorteil der Technik liegt darin, dass das Material selbst starke Magnetfelder aushält und sich somit auch in der Magnetresonaztomographie verwenden lässt. Der Chirurg kann die Operation also durchführen während der Patient im Kernspintomographen liegt.

Roboterpodest. Alle Bilder: Laboratory for the Design and Control of Energetic Systems / Vanderbilt | Mit freundlicher Genehmigung
Die Nadel lässt sich per Druckluft und mit einer Genauigkeit von 1,18 Millimeter führen. Winzige Bewegungen und gleichzeitige Hirn-Scans durch den Magnetresonanztomographen erlauben es dem Chirurgen, die Position der Nadel permanent zu überwachen und sich in minimalen Schritten voran zu arbeiten.

Innenansicht des Roboters.
„Ich habe mich in meiner Arbeit schon viel mit pneumatischen Systemen beschäftigt”, erklärt der leitende Ingenieurwissenschaftler Eric Barth. „Wir wussten bereits, dass wir die technischen Fähigkeiten dazu haben, einen Roboter in einen Kernspintomographen zu setzen, der etwas kann, was andere Roboter nicht können. Dann überlegten wir: Welchen Fortschritt könnten wir erreichen, der die größten Auswirkungen hätte?”
Praktischerweise hatte sein Kollege Robert Webster zur gleichen Zeit zufällig einige steuerbare Chirurgennadeln entwickelt, so dass eine Zusammenarbeit der beiden Wissenschaftler in einer spontanen Win-Win-Situation resultierte. Bisher wurde die Roboternadel allerdings nur als Prototyp unter Laborbedingungen getestet, die nächste Stufe der Probeläufe soll schon bald an Toten durchgeführt werden.
Die praktisch veranlagten Professoren wollen ihr System in Zukunft durch eine Produktion mittels 3D-Druck kostengünstig herstellen. Die Roboternadel soll sich insbesondere für Eingriffe an unteren Hirnregionen wie dem Hippocampus eignen. Und dank der neuen Fertigungstechnik sollen neurochirurgische Operationen demnächst dann auch massenhaft ohne mittelalterlich anmutende Löcher im Schädel möglich sein.
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